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Broderstorfer Gemeinderat
am Mittwoch, den 03.September 2014
Teil 2

Gemeindepolitik
Nun also Teil 2 der „News“ aus dem Parlamentshause Broderstorfs.

Wie bereits geschrieben, war das Thema,
welches die vielen Gäste brennend interessierte
nur ein Tagesordnungspunkt von über 20 weiteren.

Ein Thema, dass auch im Nachhall der Sitzung für viel Wind sorgt
und weiterhin spannend bleibt.

Es ist ja auch unfassbar, was da vorgeht.

Eine kleine landwirtschaftliche Straße,
auf der Autos sich in Ausweichtaschen passieren müssen,
wird für Tempo 100 freigegeben.

Eine Straße, die eigentlich nur ein Landweg ist,
der im Rahmen des ländlichen Wegebaus asphaltiert wurde.

Eine Straße, die aufgrund fehlenden Unterbaus,
in der zu befahrenden Tonnage begrenzt wurde.
Über diese Straße sollen künftig Schwerlast LKW donnern dürfen.

Und alles nur mit dem Endziel,
einem Investor den roten Teppich auszurollen,
damit er mit der Schaffung eines(!) Arbeitsplatzes
Millionen Euro durch den Bau einer höchst fragwürdigen Massentieranlage verdienen kann.
Eigentlich liest man solche Geschichten in Romanen über die sizilianische Cosa Nostra.

Doch zurück zur Sitzung.

Aus eigenem Erleben als Gemeinderat, weiß ich,
wie schwer es ist, auf bestimmte Dinge zu reagieren,
die von amtlicher Seite mit einem überzeugenden Selbstverständnis
als rechtens angeboten werden,
die aber bei genauer Betrachtung dieses gar nicht sind.

Ein Beispiel dafür konnte man gleich zu Beginn der Sitzung erleben,
als es nämlich um die Erweiterung der Tagesordnung ging.
Diese sollte um einen Punkt erweitert werden.
In diesem TOP war die Sanierung der Straße in Fienstorf Thema.
Dieser Punkt gehöre in den nichtöffentlichen Teil der Sitzung,
teilte die Vertreterin des Amtes, Frau Pieper mit.
Es ginge um vergaberechtliche Aspekte
und diese seien nichtöffentlich zu behandeln.

Falsch !

Im Gegenteil, die Vergabe von Aufträgen
die von der öffentlichen Hand bezahlt werden,
sind prinzipiell öffentlich zu behandeln und zu beschließen.

Schließlich hat die Öffentlichkeit ein Recht darauf zu erfahren,
wie man mit ihren Geldern umgeht.

Nun mögen sich einige der Volksvertreter wünschen,
dass besonders strittige Vorhaben nicht im Licht der Öffentlichkeit besprochen werden,
rechtens ist es indes nicht,
dies in einer regulären Gemeindevertreterversammlung zu tun.

Noch einmal zum Mitschreiben (gern auch nachlesbar in den Gesetzen)
- ALLES auf der Tagesordnung einer Gemeinderatsversammlung ist ÖFFENTLICH !

Außer, es können Persönlichkeitsrechte oder der Datenschutz verletzt werden,
wie z.B. bei Bauanträgen, dann müssen diese Dinge nichtöffentlich behandelt werden.

Es wäre schön, wenn die Gemeindevertretung Broderstorfs
endlich konsequent dieses Grundprinzip verinnerlichen würde.

Wie offensichtlich zäh dieser Prozess ist,
konnte man an eben diesem Beispiel erleben,
denn nicht ein Gemeindevertreter
reagierte korrigierend auf den Vorschlag der Beamtin.

Die Öffentlichkeit konnte nun nicht erfahren,
wie der Stand der Sanierung für die Fienstorfer Straßen ist.

Ähnlich schwer tat man sich,
mit der Anmerkung von Burkhard Grunow zum Protokoll der letzten Sitzung.

Damals hatte man ihm (auch von amtlicher Seite) mitgeteilt,
dass er kein Vorschlagsrecht für die Besetzung der Ausschüsse besäße.

Grunow verwies nun auf die Kommunalverfassung (Paragraph 20)
und forderte eine Richtigstellung.

Seiner Meinung nach,
hätte er zwar kein Anrecht auf die Besetzung von Sitzen in den Gremien,
es sei aber sein verfassungsmäßig verbrieftes Recht
per Antrag einen Vorschlag zu machen.

Statt das Argument in seiner Logik nachzuvollziehen,
teilte Kreistagsabgeordnete (CDU) und langjähre Gemeinderätin, Frau Elgeti
an ihn gewandt mit,
dass im Protokoll nur stände, was gesagt wurde.
Ihrer Erinnerung nach, wurde es eben genauso gesagt.

Damit hat Frau Elgeti sicherlich Recht,
das hat aber nichts damit zu tun,
dass Herr Grunow sich zu den Inhalten des Protokolls durchaus äußern kann,
wenn dieses laut Tagesordnung Thema ist.

Keine Ahnung, auf welcher Welle
die erfahrene Lokalpolitikerin Elgeti mittlerweile reitet.
Vor Jahren jedenfalls, als ich sie im Amtsausschuss Carbäk erlebte,
schien sie akribischer und streitbarer auf solche Dinge zu achten,
die Burkhard Grunow jetzt kritisch hinterfragt.

Zur Sitzung.

Bevor es in die Debatte zu den thematischen Tagesordnungspunkten ging,
berichteten der Bürgermeister und das Amt (Herr Pampel).

Nur so viel davon:
die B110 wird in Höhe Neu Roggentin im Oktober wieder gesperrt
und der Grundschulausbau Carbäk ist im Dachstuhl angekommen.

Eine Anfrage des Gemeinderats Noak
endete in einem einstimmig angenommenen Antrag (Herr Junge)
die Banketten zwischen Fienstorf/Öftenhäfen
und Neuendorf/Bentwisch endlich instand zu setzen.

Fortschreibung des Regionalen Raumordnungsprogramms

Mittlerweile ist die Öffentlichkeit auf dieses Thema aufmerksam geworden.
Nicht zuletzt deshalb,
weil die Tourismusbranche endlich geschnallt hat,
dass man vor unserer Küste einen Wald von Windmühlen errichten will.

Unter Einsatz aller Medien laufen Kommunen und Hoteliers Sturm
gegen diese landespolitisch favorisierte Tendenz.

Wir erinnern uns.
Auf der letzten Sitzung der vergangenen Legislatur
reagierte der alte und neue Bauausschussvorsitzende, Herr Jesse
abwiegelnd auf den Vorschlag
für eine Stellungnahme der Gemeinde zum Raumordnungsprogramm.
Unterstützt wurde er durch den Bürgermeister,
der die Sache ohne Zeitdruck und Terminzwänge behandelt wissen wollte.

Seit dem sind vier Monate vergangen,
in die man fairerweise Kommunalwahl und Sommerloch einrechnen muss.

Auf dem Tisch der Gemeindevertretung lag nun eine Beschlussvorlage
mit dem Textentwurf für eine Stellungnahme.

Dieser Text war offensichtlich das Ergebnis von Beratungen
im Bau- und im Umweltausschuss.

Gemeinderat Burkhard Grunow hatte bereits in der konstituierenden Sitzung
vor vier Wochen einen Vorschlag für eine Stellungnahme eingereicht.
Wieviel von seinen Ausführungen in den nun vorliegenden Text übernommen wurde,
ist nicht bekannt.

Insider unken von stilistischem Grundschulniveau
in der nun vom Amt erarbeiteten
vorliegenden gemeindlichen Stellungnahme.

Doch unabhängig von den mehr oder weniger peinlichen Formalien,
ging es um wichtige Standpunkte der Gemeinde
zu den Strategien des Raumordnungsprogrammes.

Dinge, die sich in Zukunft direkt auf unser aller Lebensumfeld auswirken werden.

Eines dieser Dinge,
ist der Ausbau der vorhandenen Eignungsgebiete für Windenergieanlagen.
Ein brisantes Thema.
Insbesondere für die Anwohner,
vor deren Tür sich mittlerweile ein wahrer Wald dieser Mühlen dreht.

Eine rege Diskussion entspann sich um dieses Thema.

Während sich einige Gemeinderäte gegen einen Ausbau
des vorhandenen Gebietes aussprachen,
plädierte insbesondere Herr Junge für einen solchen.
Sich dagegen zu sperren wäre eine Entscheidung gegen den Fortschritt.
Viele Anlagen seien veraltet und müssten gegen leistungsstärkere erneuert werden.
Es mache keinen Unterschied, ob eine Anlage 100 Meter oder 150 Meter hoch sei,
führte Herr Junge aus.

Insbesondere die letzte Äußerung
sorgte für einen kontroversen Schlagabtausch der Argumente unter den Gemeinderäten
und für gehörige Unruhe unter den zuhörenden Gästen.

Letztlich verwiesen die anwesenden Amtsmitarbeiter darauf,
dass höhere Windenergieanlagen für das Eignungsgebiet vor Broderstorf
nicht zulässig seien.

Es gäbe eine, im Raumordnungsprogramm ausgewiesene Richtfunkstrecke der Bundeswehr
die dies ausschlösse.

Da kann man nur hoffen,
dass die Bundeswehr auch noch viele Jahre auf der richtigen Welle funkt,
damit dieser Hinderungsgrund Bestand hat.

Ein weiterer wichtiger Punkt
in der zu beschließenden Gemeindestellungnahme
war das Thema Fracking.

Dieses Thema wäre beinahe nicht zur Sprache gekommen.
Herr Jesse drängte auf Abstimmung der Vorlage.
Seiner Meinung nach (sinngem.)
lande so und so in der Tonne, was man hier abstimme.

In Bezug auf Fracking habe er, Herr Jesse, im Raumordnungsprogramm nichts gelesen.
Das hätte seiner Ansicht nach auch nichts darin zu suchen,
da es sich dabei um eine Methode zur Rohstoffgewinnung handele.
Diese sei nicht Gegenstand eines Raumordnungsprogrammes.

Indirekt gab ihm der Bürgermeister Recht.
Auch er habe nichts über Fracking im Programm gelesen.
Er habe Herrn Schultze angerufen,
dessen „Mädels“ nichts von Fracking im Raumordnungsprogramm wüssten.
Dieses Thema wolle man erst nach Hinweis auf einer Infoveranstaltung
in der IHK Rostock durch das Redaktionsteam der Fortschreibung aufnehmen.

Man einigte sich schlussendlich darauf,
dass man in die Stellungnahme der Gemeinde schreibt,
dass man gegen Fracking in jeglicher Form ist.

Wie nicht anders zu erwarten,
erregte der Begriff „Massengroßanlagen“ die Gemüter.
Dieser Begriff war im amtlich erarbeiteten Gemeindetextentwurf
so niedergeschrieben worden und es war klar,
dass er das Intro für Nachfragen bot.

Was damit gemeint sei, fragte sogleich Herr Jesse.
Ob man damit auch die Kühe aus der Anlage
des Landwirtes und Gemeinderates Herrn Jager meine,
wollte er wissen.

Daran anknüpfend erklärte Landwirt Junge,
dass es ein völlig undefinierter Begriff sei.
Wo denn die Grenze wäre und an welchen Zahlen man dies festmache, fragte er.

Die Runde rund machte Gemeinderat und Ökolandwirt Jantzen,
der die bekannten Argrumente brachte,
dass die Anzahl der Tiere im Verhältnis zu sehen seien.

Burkhard Grunow hielt dagegen,
dass man sich eindeutig gegen industrielle Massentierhaltung positionieren müsse.
Er betonte, dass man nicht gegen Tierhaltung in der Landwirtschaft sei,
sondern gegen deren Industrialisierung.

Auf die anschließende Bemerkung von Herrn Jesse,
ob damit künstliche Hähnchen gemeint seien,
platzte Herrn Noak der Kragen.

Er verbitte sich,
dass Herr Jesse solche Dinge ins Lächerliche zöge.
So etwas wäre nicht hinnehmbar.
Jeder Gemeinderat müsse bei seinem Werben für die Dinge ernstgenommen werden,
für die er inhaltlich stehe.

Gegen die Stimmen der Herren Jesse, Junge und Jantzen
wurde in die Stellungnahme aufgenommen,
dass die Gemeinde gegen eine industrielle Massentierhaltung ist.

Damit war die Debatte zu diesem Tagesordnungspunkt beendet.

Erwähnenswert für den weiteren Verlauf der Sitzung
war noch die Auftragsvergabe für die Anpflanzung von Obstbäumen
bei dem Festplatz am Wiesengrund im Steinfeld.

Diese Ausgleichsmaßnahme soll an den preiswertesten Bieter vergeben werden.

Dieses Angebot sei zu hinterfragen, merkte Bausachverständiger Burkhard Grunow an.
Die Forderung nach der Offenlegung der Kalkulation sei gesetzlich vorgeschrieben,
in einem solchen Fall wie der vorliegende,
wo das preiswerteste Angebot 76 Prozent vom nächsten abweicht.

Frau Elgeti entgegnete,
dass man auf die amtliche Prüfung der Angebote vertrauen müsse.
Sie vermutete,
dass die ortsansässige Firma so günstig geboten hätte,
weil sie eine besondere Bindung zur Gemeinde hätte.

Sie unterstütze aber den Vorschlag,
den Vertreter der Firma einzuladen und zu befragen.

Trotzdem man die gesetzliche Vorschrift von Herrn Grunow zur Kenntnis nahm,
beschloss man die Beschlussvorlage mit der vorgeschlagenen Vergabe unverändert.

Noch ein kleines Gschmackerl am Schluss:

Bei all der Aufregung, um Tonnagebegrenzungsaufhebung, Raumordnungsstellungnahme,
und Grundsatzvotum für das 1,3 Mio Euro schwere neue Vereinshaus des SV Pastow
hat man völlig versiebt,
dass man doch noch die Mitglieder für den wichtigen
Finanz- und Hauptausschuss wählen muss.
Diese kommunalrechtlich vorgeschriebene Wahl,
hatte man schon bei der konstituierenden Sitzung im Juli
vergessen auf die Tagesordnung zu setzen.

Naja, vielleicht wird es ja zur nächsten Sitzung etwas.
Diese soll als Sondersitzung am 23.September stattfinden.

Udo Cimutta


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