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Good morning STEINFELD !
Kolumne zum Wochenbeginn
Numero 99

ocs


Hören Sie die Ruhe ?

Richtig – Ruhe kann man gar nicht hören,
sonst wäre es ja keine.

Lesen kann man sie auch nicht,
deswegen gab‘s hier letzte Woche auch nichts zu lesen
– weil Ruhe war.

Ruhig ist es ja immer noch,
wie man hört und liest
oder haben Sie in den letzten Tagen etwas gehört,
von der malaysischen Verkehrsmaschine MH17,
die über der Ostukraine abgeschossen wurde.

Ich hab nichts gehört !

Komisch - bis dahin war es gar nicht möglich,
nichts darüber zu hören.

Überall und zu jeder Zeit war das Thema präsent.
Doch weit weniger wegen der menschlichen Tragödie um die Absturzopfer
als vielmehr wegen der klaren und eindeutigen Ermittlung des Verbrechers,
der diese Untat begangen hatte.

Die Trümmer rauchten noch
und schon war klar,
dass und wer die Maschine abgeschossen hatte.

Putin hat sie abgeschossen,
im Prinzip !

Denn „seine“ Separatisten hatten von ihm
eine von diesen schicken und höchst effektiven „BUK“-Raketen erhalten,
mit denen man vom Boden aus Flugzeuge vom Himmel schießen kann
oder auch anderes Fluggerät.

Das sind also solche Dinger,
jedenfalls so ähnliche,
wie sie die Israelis gegen die Hamas-Raketen einsetzen
und noch ähnlicher
wie die NATO-Raketen,
die an der syrischen Grenze auf der Seite der Türkei rumstehen
und ab und an mal was vom Himmel holen.
Auf jeden Fall sind es aber die gleichen Raketen,
wie sie die ukrainische Armee hat,
logo, die haben die ja aus Russland.

Wie auch immer !

Nach den Wochen der BILD-Beweise,
der Spiegel-Recherchen
und der „wohl“wissenden Rebecca Harms im ZDF-MoMa,
plötzlich Ruhe !

Nichts passiert
und das, obwohl uns doch klar mitgeteilt wurde,
wie widerlich diese russischen Verbrecher
mit den Leichen und deren Hinterlassenschaften umgegangen sind.

Wir haben doch alle das Foto in den „Zeitungen“
der objektiven, sauber und vorurteilsfrei recherchierenden Mediengestalter gesehen
– dieses eine Foto von dem Russen da,
mit der Puppe in der Hand,
stehend mitten im „killing field“ der Absturzstelle,
mit seinem zur fiesen Fratze verzerrten Gesicht,
wie es die Maskenbildner der Hexe „Babajaga“
aus den russischen Märchenfilmen nicht besser hätten hinkriegen können.

Dazu dann Bildunterschriften wie:
„Separatisten plündern Opfer der eigene Schandtat aus !“
oder
„ Geld, Brieftaschen, Wertgegenstände und jetzt auch noch Spielzeug
- das sind doch keine zivilisierten Menschen !“


Viele sehen und lesen das
und am schlimmsten – glauben das auch.

Nur wenige sahen das Video,
aus dem dieses Foto „herausgestanzt“ worden war.
Ich habe es gesehen.

Dort sah ich einen völlig verzweifelten Mann in Kampfanzug und mit Waffe,
der weinend in den Trümmern stand, die Puppe in der Hand
und fassungslos fragte, wie so etwas passieren könne
und wer das war.

Sieht man das Video wird völlig klar,
das hier ein Mensch,
mit Sicherheit in einer abartigen
und durch nichts zu rechtfertigen Ausnahmesituation
echtes Entsetzen und tiefe Betroffenheit zeigt
und es scheint als wäre ihm in dem Moment durchaus klar gewesen,
dass auch er als Kämpfer Mitverantwortung trägt an dem Massaker.

Grauenvoll !

Doch daraus die beschriebene Propaganda zu machen
ist noch grauenvoller.

Was sind für Menschen,
die da in ihren klimatisierten Büros sitzen,
vor ihrem Computer
und sich dann vor Freude auf die Schenkel klopfen,
wenn sie im Angesicht dieses Mannes einen „Geistesblitz“ haben
und eine „Story“ daraus machen.
Wie läuft das dann in der Redaktionskonferenz ?

Sitz man dann mit Kaffee und kalten Getränken beieinander
und feiert sich ?

„Das machen wir !
Wir müssen aufrütteln,
auch wenn wir dabei ein bisschen kreativ sein müssen.
Es glaubt wohl keiner hier im Raum,
dass da nicht auch was geklaut wird,
von den Leichen und selbst wenn nicht,
kann es doch keiner beweisen
und zuzutrauen ist es denen doch allemal.
Wir bringen das so,
gute Arbeit – danke ihnen allen !“


Wieder eine Titelseite mit einem Kracher-Aufmacher !

Und es hilft ja !
Es muss „Bewusstsein geschaffen“ werden – aktiv.

Unsere freiheitlich demokratischen Medien sind da in der Pflicht.
Manchmal muss man auch mit unorthodoxen Mittel Dinge überzeichnen,
um uns klar zu machen,
wie wir die Welt zu sehen haben,
hier in der Freiheit.

Es gibt Unmengen von Beispielen,
wie man mit ein wenig Kreativität bei der Berichterstattung,
grandiose Entwicklungen in Gang setzen kann.

Ich will sie nicht langweilen mit Colin Powell
und den irakischen Giftgastrucks.

Nehmen wir doch einen deutschen Klassiker,
er zeigt deutlich,
wie eine kleine Veränderung an der Ursprungsnachricht,
eine gewaltige Kette von Abfolgen in Gang setzen kann.

Die „Emser Depesche“ war eine Nachricht,
die der preußische König
dem König der Franzosen dringend zukommen lassen wollte,
eigentlich um einen drohenden Krieg zwischen den beiden Ländern
nicht ausbrechen zu lassen.

Nun bekam aber der damalige Kanzler Bismarck dieses „Telex“ in die Finger,
bevor es dem französischen König zugestellt wurde.
Bismarck änderte ein paar Worte,
so dass der eigentlich deeskalierende Inhalt
sich ins Gegenteil verkehrte
und der Empfänger Preußen flugs den Krieg erklärte.

Diese, im Deutschen Bund, als Aggression empfundene Erklärung
ließ die anderen deutschen Länder nun dem „bedrängten“ Preußen beispringen.

Das Ergebnis des Sieges wurde in Versailles
als Geburt des Deutschen Reiches besiegelt
und begründete eine langjährige und tiefe Feindschaft
zwischen Frankreich und Deutschland,
die nicht zuletzt auch in zwei Weltkriegen ausgetragen wurde.

Zweifellos war Bismarck der größte deutsche Kanzler.
Seine Fähigkeiten und sein Geschick werden unerreichbar bleiben.
Seine Skrupellosigkeit allerdings auch.
Nicht einen Augenblick kam ihm wohl das Bild
von blutverschmierten Kämpfern auf den Schlachtfeld in den Sinn,
weder mit Puppe in der Hand, noch mit Gedanken an deren Familien.

Und so geschieht es immer wieder
und wenn wir ein wenig „ermattet“ sind,
von der ideologischen Kriegführung,
dann erleben wir Ruhe !

Hören sie sie ?

Have a nice week !
M. Eckart, ocs

PS:
Komödien Pispers sagte einmal in einem Programm:
„Es wird immer wieder jemanden geben,
der sich,
weil zu faul zum Arbeiten,
eine Feder in den Arsch steckt
und uns dann als Prophet erklärt,
wie wir die Welt zu sehen haben
und dass nur er sie uns erklären kann.“

Nach Feder im Arsch und Kreuz um den Hals
nun also Redaktionskonferenzen.
Die Propheten bleiben
und wir sitzen wie staunende Kinder da
und glauben ihnen – wunderbar !

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