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Good morning STEINFELD !
Kolumne zum Wochenbeginn
Numero 155

ocs

“Wie ernährt man 10 Milliarden Menschen ?”
Wenn ein deutscher Dokumentarfilmer sucht diese Frage zu beantworten,
dann entsteht sehr schnell der Eindruck es müsse heißen:
„Wie ernähren WIR 10 Milliarden Menschen ?“

Letzten Freitag ließ ich mich zu 19.30 Uhr
in das ehemalige Haus der DSF in Rostock locken
um mir den zur Ausgangsfrage gehörenden Dok-Film
nebst anschließender „Podiumsdiskussion“ rein zu ziehen.

Ich hätte warten sollen bis das Ding auf 3sat läuft !

Immerhin war man mal in diesen geschichtsträchtigen Hallen
und ich weiß nun auch,
dass es einen deutschen Schriftsteller gab,
der dem Haus seinen heutigen Namen zur Verfügung stellte.
Kunst und Kultur sollen dortselbst ein Heim finden
– am Freitag fanden sie es recht laut, am oberen erträglichen Lärmpegel.

Wie auch immer,
Highlight der Sendung sollte der Nachfilm-Act
mit einer örtlich verfügbaren Spitzenkandidatin der Grünen für die Landtagswahl,
mit dem Schleswig-Holsteinischen Landwirtschaft-Umwelt-und-sonst-noch-was-Minister
und mit der Chefin unserer BI „ProVita“, Eva Leonhardt sein.

Begleitet und moderiert wurde die Show von einer etwas hibbeligen,
dabei aber sehr enthusiastischen mutmaßlichen Stadtparlamentsabgeordneten der Grünen.

War es für mich aber nicht,
also das war für mich nicht das Highlight.

Jenes war aus meiner Sicht,
nicht nur rein vom Körperwuchs her,
die Anwesenheit von Landwirt T. Junge nebst Gattin aus Broderstorf.

Eine solche Veranstaltung gilt nicht als Klassiker für die Unterhaltung von Landwirten
und auch noch outen musste er sich auf Anfrage des Ministers,
ob denn auch Bauern da wären.
Musste er nicht, tat er aber.

Mit Sicherheit war er nicht anwesend um seinen Todesmut unter Beweis zu stellen,
denn das gehört bestimmt eher nicht zu seinen Präferenzen
– nein es liegt die Vermutung nahe,
dass ihn die dargebotene Sicht auf die Problematik interessiert
und wenn ich mich noch tiefer in den Sumpf der Spekulationen bewege
erscheint es mir nicht völlig ausgeschlossen,
dass sich Junge’s mal den neuen, jung-dynamischen
und dabei leicht flapsig-smart rüberkommenden Minister
aus ihrem Herkunftsland beäugen wollten.
Das gelang !

Da war noch was…, was war das noch ?
Ach ja – der Film !

Der war gut,
ach scheiß – sehr gut.

Und zu lang – mindestens 20 min zu lang.
Da gehst´ am Stock !

Scheiß Stühle, kaum Sauerstoff
und permanent Dresche für unser Welternährungsfehlverhalten.

Mein Fazit:
Speziell unsere Landwirte lassen sich zerreiben
zwischen der Verkaufsgier der Düngemittel-Saatgut-Mastoptimierungsindustrie
und dem eiskalt ausgenutztem Überangebotsdruck des Handels.

Von der Industrieseite werden die Bauern
ständig mit neuen Mitteln und Methoden beglückt,
wie es gelingt mit noch weniger Aufwand
den Ertrag noch ein wenig zu steigern
und der Handel kann ob des Überangebotes trefflich die Ankaufpreise drücken
– gerne auch mal bis der Bauer verreckt und im Ruin landet.

Woher kommt eigentlich der Begriff „bauernschlau“ ?

Viele der heutigen Landwirte könne dafür nicht Pate gestanden haben.
Ein Beispiel kann ich dem Leser nicht ersparen,
selbst wenn hier von Landwirtschaft in Indien die Rede ist:
Ein Reisbauer steht ziemlich blöd in seinem Schlag Reis rum
und zuckt mit den Schultern.

Eine korpulente Frau mit buntem Umhang
steht mit einer Horde anderer Leute am Rand des Feldes
und textet den Deppen zu.

Es stellt sich raus,
dass der Bauer auf dem Feld Hybridreis eines Agrarmultis gesät hatte
und die Frau eine ortsansässige Saatgutzüchterin ist.
Sie hat über 700 Sorten Reis in Ihren Tonkrügen
– für jede Besonderheit im Anbaugebiet geeignet.

Der Reis des betreffenden Bauern ist ersoffen – 5 Tage Überschwemmung.
All is lost !

Doch dann der Hit:
Die angrenzender Felder zeigen besten Reis,
grün, kräftig und genauso der Überflutung ausgesetzt wie der Hybrid.

Der High-tec-reis funktioniert dort nicht,
der „alte“ schon.

Warum er denn den Reis genommen hätte
und nicht die erprobten Sorten aus dem Rayon ?

Die Firma hatte ihm 20 Prozent mehr Ertrag versprochen
aber wohl nicht so überdeutlich darauf hingewiesen, dass der Reis ersäuft.

Der Bauer wusste von beidem:
Flutüblichkeit am Ort und Flutunverträglichkeit des Saatgutes.

Da fällt einem nur ein: „Gier frisst Hirn !“,
selbst bei Kleinbauern in Indien.

Insgesamt bedarf es eines Mix aus Anbaumethoden und Konzepten.
Viele davon wurden sehr schön und sehr sehenswert beschrieben.

Schaut euch den Film an – arte und 3sat werden ihn bald bringen,
so gegen 23.00 Uhr mal mittwochs.

Diskussion danach:
Star war der Minister – Er mag sich und das merkt man auch.
Das ist OK !

Was mich sehr störte, war ein Bezug seinerseits auf den Film:
Frauen in Afrika waren dazu übergegangen,
verschiedene Feldfrüchte auf Ihren Parzellen anzubauen.

Sie fanden heraus,
dass sie so nicht dem Gelingen einer Frucht ausgesetzt waren.
Den Überschuss, vornehmlich Gemüse, luden sie in Körbe
und trugen diese, durchaus ortsüblich, auf ihren Köpfen zum nahen Markt.

Dazu fiel dem Sonnyboy aus Kiel ein,
dass es ja wohl Ziel sein müsse,
dass nicht noch ihre Enkel und Urenkel mit der Kiepe auf dem Kopf
so zum Markt gehen müssten.

Und da wurde mir wieder kotzübel:
Am grünen Wesen muss die Welt genesen !

Wie die scheiß Missionare vor hundert Jahren
erklären wir anderen immer noch, was ein gutes Leben ist.

Wie kommt dieser Hände-in-die-hosentaschenstecker denn darauf,
dass diese Leute so leben wollen und/oder müssen, wie wir ?

Könnte es nicht sein,
dass man auch mit einem Leben glücklich sein kann,
das für einen frisches - Gemüse - zum - Markt tragen bereit hält ?

Ist natürlich scheiße so,
kann man gar nicht auf sein smart-phone glotzen,
weil man die Birne schön gerade halten muss.

So geht das aber nicht,
schließlich leben wir davon, dass die den Mist wollen,
mit dem wir uns hier schon das Leben zur modern-times-Hölle machen.

Ach und der nächste Bundesminister soll er werden
– ich weiß nicht so recht.
Glaub ich nicht !

Zum Schluss:
Landwirtschaft kann alle ernähren und noch eine Menge mehr.

Unser jetziges, von fast allen als abartig erkanntes System
funktioniert hauptsächlich wegen der niedrigen Transportkosten.

So lange es billiger ist,
Soja aus Brasilien hierher zu karren, um damit Viecher zu mästen,
die dann mit ihren schlechteren Teilen nach Afrika gekarrt werden
und da die Regionalwirtschaft zerlegen,
so lange wir Äpfel aus Neuseeland einfliegen und Joghurt nach China,
so lange wird es schlimmer.

Die Kleinen werden sterben,
die Großen immer größer und spezieller.

Kollabiert der Transport, kollabiert das System.
Deutschland wird daran nichts ändern wollen,
denn wir leben ganz wesentlich von der Bereitstellung von Transportern und Transportsystemen.

Der Minister in Berlin,
der mit dem Apfel gegen Putin,
sagt Export ist die Lösung.
Wie konnte der nur passieren ?

Bauer Junge hat bei uns hier Sommergetreide auf dem Schlag.
Davor hatte er Gründünger eingesät.

Die Kornweihe ist da
und seit zwei Wochen ziehen drei Mufflonwidder durch den Acker.
Die Wachtel ruft,
der Neuntöter sitzt auf meinem Zaun
und die Schafstelze ist von der Fienstorfer bald-Maststall-Mondlandschaft zu uns umgezogen.

Ich sehe das mit der Bewirtschaftung,
erkenne das und benenne das.

Und ich bin dankbar dafür,
sehr, selbst wenn es nur eine Momentaufnahme ist.

Es geht besser, man muss es nur tun.

Have a niceweek !

M. Eckart, ocs

Meine Antwort auf die Ausgangsfrage:
Man ernährt 10 MRD Menschen
in dem man regional produziert was benötigt wird
und den Überschuss austauscht.

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