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Broderstorfer Gemeinderat
am Mittwoch, den 16. August 2017

Gemeindepolitik
Bevor man sich mit Akt 2 des Trauerspiels „wie verarsche ich eine ganze Gemeinde“ antut,
sollte man sich als Intro den ersten Akt noch einmal in Erinnerung rufen:
(hier klicken und schauen)

Nun also die Fortsetzung.

Vorwort
Es ist schwergefallen, sich aufzuraffen, um darüber schreiben.
Irgendwie erscheint es trotz des traurigen Satire-Potentials sinnlos.
Letztlich ist es das auch.
Jeder der es live erleben konnte wird dem Recht geben.

Ort des Geschehens
Gemeinderat Broderstorf.

Eine Sondersitzung
Thema: Mediation
Stargast: Der Rechtsanwalt der Gemeinde, Herr Rhode.
25 Zuschauer, 13 Akteure
Regie: der Bürgermeister

Nachdem die Zuschauer noch gesittet und mit wohlformulierten Worten
die Akteure gebeten hatten,
sich doch bitte, bitte daran zu erinnern,
warum und für wen sie hier am Ratstische säßen,
eröffnete die Regie mit dem Stargast die Show.

Er war kein donnernder Tenor.
Leise, akustisch kaum verständlich,
erläuterte er die Ergebnisse besagter Mediation.

Nur noch einmal kurz zur Erinnerung, worum es eigentlich geht.

Der Investor der geplanten Hähnchenfabrik
hat vom StaLUMM (das ist die Genehmigungsbehörde)
die Baugenehmigung erhalten.

Damit der umtriebige Bauer nicht loslegen konnte
und ratzfatz seinen Hähnchenknast errichtet,
hat der Rechtsanwalt im Auftrag der Gemeinde beim Gericht eine Eilantrag eingereicht
und einen Baustopp erwirkt.

Die Straßen zum geplanten Standort der Anlage seien ungeeignet,
für den zu erwartenden Schwerlastverkehr.

Sind sie ja auch.
Das ist mehrfach beweiskräftig von vielen Seiten vorgetragen worden.

Nun weiß man ja landläufig,
wie überlastet die Gerichtsbarkeit ist.
So ein Verfahren kann sich über Monate oder gar Jahre hinziehen.

Das schmeckt dem Investor und Bauern natürlich nicht.
Drohend ließ er durchblicken,
dass er Schadenersatz von der Gemeinde fordern werde.
Dem Gericht ging er um den Bart,
in dem er mit 100.000 Euro winkte.

Nein keine Bestechung.

Die Kohle wolle er für die Straßenerhaltung auf den Tisch legen.

Klar, dass das Gericht eine Vergleichsmöglichkeit witterte
und sich freudig auf den Knochen stürzte.
Eine Mediation wurde anberaumt.
Auf diese Weise hätte man die Angelegenheit schnell vom Tisch.

Ein naheliegender und gut funktionierender Gedanke.

Wie man sieht.

Nun also will sich die Gemeinde vergleichen.
Man wird sich mit dem Investor einigen.
Das scheint in Beton gegossen und stand nicht mehr zur Diskussion.

Bitte ???

Hey, Leute,
habt Ihr die ausführlichen Beteuerungen des Stellvertreterbürgermeisters Jesse
und der Amtsoberleiterin Narajek vergessen?
Im Akt 1 des Trauerspiels sind sie gut und ausführlich nachzulesen.

Internet – ha – das vergisst nie…

Spätestens jetzt
drängt sich selbst dem unvoreingenommensten Leser ein Wort vor Augen:
Verarschung.

Doch zurück, zum leise gehaltenen Vortrag des Stargastes.

Mehrfach und nicht ganz glücklich dabei wirkend, verwies dieser darauf,
dass er vor Gericht nur das vortragen könne,
wozu er von seinem Mandanten beauftragt wurde.

Offensichtlich war der grundlegende Auftrag, sich zu vergleichen gegeben.

Was soll für die Gemeinde nun dabei heraus springen?

6 Ausweichtaschen will der Investor bauen.
30m lang.
60.000 Euro legt er einmalig für die Straßenreparatur auf den Gemeindetisch.
10 Jahre will er seine Hähnchenmastanlage nicht erweitern,
wird aber alles ausschöpfen, was genehmigt wurde.
Natürlich verzichte er wohlwollend auf weitere Drohungen,
von wegen Schadenersatzklagen gegen die Gemeinde.

Das war´s !?

Offensichtlich.

Kein Wunder, dass die Volksseele kochte.
Die Emotionen bei den Zuschauern sprengte die Etikette.
Laute erboste Zurufe begleiteten die unschöne Debatte,
die auf das Intro des Rechtsanwaltes folgte.

Man sah dem Rechtsanwalt an, wie unwohl er sich dabei fühlte.
So etwas hatte er wahrscheinlich noch nicht erlebt.
Die Gemeinderäte reagierten abgebrühter.
Insbesondere Landwirt und Gemeinderat Junge versuchte die Zuschauer
mit seiner Stimmengewalt zur Räson zu bringen.

Das klappte allerdings nicht ganz.

Selbst das demonstrative Verlassen des Raumes
durch Landwirt und Gemeinderat Jantzen
hatte nicht den gewünschten Effekt.

Die Wogen glätteten sich ein wenig,
als man dem Druck nachgab und ein Ventil öffnete.

In einer Kunstpause ließ man die Zuschauer zu Wort kommen.
Indirekt waren sie somit dadurch an der Debatte beteiligt.

Debatte ?

Eher ein Schlagabtausch.
Die zu erwartende Beschlusslage war sonnenklar.

Don Quichotte und Sancho Pansa (Burkhard Grunow und Martin Noack)
kämpften tapfer ihren Kampf gegen die Mühlen des Broderstorfer Gemeinderats.

Richtig Haue bekam Grunow dafür,
als er den Bürgermeister zu klaren Worten drängen wollte,
wer denn nun schlussendlich die Zeche für die kaputten Straßen zahle,
die durch den Schwerlastverkehr der Hähnchenfabrik zerschrotet werden.
Mit 60.000 Euro seien die zu erwartenden Schäden auf Dauer nicht zu kitten.

Glasklar, der Steuerzahler.
Wer auch immer das ist.

Na wir,
rief ein erboster Arne Mengel von den Zuschauer-Reihen in den Saal.
Das könne der Bürgermeister doch auch mal klar und deutlich der Öffentlichkeit sagen.

Kann er nicht.

Das ist nun einmal die Natur des netten älteren Herrn,
der die Regie im Hause führt.

Klare Ansagen sind nicht sein Ding
und klare Positionen wahrscheinlich auch nicht.
Zumindest nicht auf einer so öffentlichen Bühne.
Er hält sich lieber bedeckt und unverbindlich.
Lieb Kind bei allen ?

Was jeder weiß,
die Fäden werden hinter verschlossenen Türen gesponnen.
Das ist nicht nur in Broderstorf so.
Wer anderes glaubt, ist ein unverbesserlicher Illusionist.

Und einmal ganz ehrlich
– manchmal macht so eine interne Vorabsprache auch wirklich Sinn.
Wenn sie denn auch im Sinne der Bürger ist.

Wer mitspielen möchte, kann sich ja zur Wahl stellen.
Ob man dadurch allerdings zum erlauchten Kreis der Internas gehören wird... ?

Don Quichote und Sancho Pansa aus Fienstorf gehören jedenfalls nicht dazu.
Soviel ist schon einmal sicher.

Hat nun das jahrelange emotionsgeladene Abarbeiten am Bürgermeister
wirklich irgendetwas Positives bewirkt?
Eher nicht.
Also Leute, was soll das?

Wer personelle Änderungen haben möchte,
kann das am nächsten Wahltag erledigen.

Doch zurück in den Saal.

Der Stargast bat um Ergänzungen und Hinweise,
die er in die Vergleichsverhandlungen aufnehmen wolle.

Es gab etliche.

Kurioserweise, wurden sie notiert aber nicht beschlossen.
Devise:
gut das wir drübber geredet haben.

Der Rechtsanwalt entschärfte die Farce am Ende ein wenig,
indem er versicherte, dass keine der Hinweise untern Tisch fallen werden.

Man wird sehen.
Aus Broderstorf ist man mittlerweile auch anderes gewohnt.

Um welche Ergänzungen und Hinweise handelt es sich?

Hier die Wesentlichen.

Der Investor hat den Feuerlöschteich in Öftenhäven zugeschüttet.
Die Leute dort bangen nun, dass es nicht brennt.
Statements aus Amt und Feuerwehr,
dass der Wasserdruck im verfügbaren Hydranten nicht ganz optimal sei,
aber man ja dafür länger löschen könne,
beruhigen die Gemüter nicht wirklich.

Nun erklärt Investor und Landwirt,
dass er einen neuen Feuerlöschteich errichten will.
Größer und besser als der zugeschüttete.

Einen Feuerlöschteich errichten muss er so und so:
für seinen agrarindustriellen Komplex aus Biogasanlage und Hähnchenfabrik.

Cleverer Weise fehlt die Angabe
wo der neue große schöne Teich entstehen soll.

Nicht ganz von der Hand zu weisen, ist die Vermutung,
dass er am Standort seiner Anlagen entstehen wird
und eben nicht in Öftenhäven.

Aus diesem Grund, möchte Martin Noack,
dass der Standort im Vertrag festgeschrieben wird.

Für den Ausbau der kleinen Brücke über das Flüsschen Cabäk in Fienstorf
will man Fördermittel einwerben.
Die Brücke sorgt in ihrer Enge für Verkehrsberuhigung bei der Ortsdurchfahrt.
Nach einem Ausbau und einer Verbreiterung der Fahrbahn ist zu befürchten,
dass der Schwerverkehr ungebremst durch den Ort brettert.

Die Anwohner dort wissen was sie befürchten.
So hört man aus diesen Kreisen,
dass ein breiter Traktor-Reifen bereits einen Vorgartenzaun nebst Straßenschild platt gemacht hat.

Martin Noack plädierte dafür, dass es zu keiner Verbreiterung kommen dürfe.

Unklar war auch,
wann die zugesagten Ausweichtaschen errichtet werden sollen.
Vor oder nach dem Baubeginn?
Allgemeines Orakeln der Akteure war die Folge.
Jeder wusste etwas aber keiner etwas Konkretes.

Ein Datum fand sich in den Unterlagen nicht.
Auch diesen Hinweis werde er aufnehmen, versprach der Rechtsanwalt.

Damit war das Thema im Großen und Ganzen gegessen.

Der Beschluss scheinbar streitbar demokratisch gefasst,
war bei Lichte gesehen aber lediglich eine formelle Farce.

Einzig Don Quichote und Sancho Pansa erhoben ihre Schwerter gegen die Windmühlen.
Der Rest hob die Hand und nickte die Beschlussvorlage
ohne die heiß debattierten Ergänzungen ab.

Beim Verlassen des Saals schüttelten die Zuschauer ungläubig die Köpfe.

Ende der Vorstellung.


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