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Broderstorfer Gemeinderat
am Mittwoch, den 06.Mai 2015

Gemeindepolitik
Den 13 Gemeinderäten inklusive Bürgermeister saßen 45 Gäste gegenüber.
Es roch nach Bürgerprotesten.

Vom Geruch angezogen, nahm auch der Vertreter der lokalen Journaille
auf der ersten Stuhlreihe Platz.

Was lag an,
dass wieder extra Gästestühle und Mikrofonbeschallung aufgestellt worden waren?

In der Gemeinde hatte man Handzettel verteilt
und die Bürger aufgerufen den Gemeinderäten Flagge zu zeigen.

Seit Kurzem ist bekannt geworden,
dass der Investor des geplanten Hähnchen-KZs vor Fienstorf
die Anlage in doppelter Größe errichten will.

In einer Machbarkeitsstudie aus dem Jahre 2009
ist von einer zweiten Ausbaustufe die Rede.
Somit ist klar,
nicht vier sondern acht Ställe sollen letztendlich gebaut werden.
Fast 3 Mio Hühner sollen es dort jährlich bis zur Schlachtreife schaffen.
Doppelt Dreck, doppelt Keime, doppelt Verkehr.
Die Bürger fühlen sich verarscht.

Wieder einmal.

Die Handzettel mit dem Aufruf zum Protest waren auch im Briefkasten des Bürgermeisters gelandet.
Wie bekannt wurde, hatte der per Rundmail die Gemeinderäte vorgewarnt.
Er selbst trat wohlvorbereitet und mit Argumenten gewappnet auf.

Die Botschaft an die Gäste war dann auch kurz und klar:
sie seien zwar jederzeit zur Sitzung willkommen,
zum Stand des Genehmigungsverfahrens der Hähnchenmastanlage können man jedoch nichts sagen.
Die Gemeinde sei schließlich nicht die Genehmigungsbehörde.
Das hätte man oft und ausführlich diskutiert.

Durch die Blume brachte er zum Ausdruck,
dass er den ganzen Aufriss nicht verstehe,
denn es gebe weder Neuigkeiten noch Anlass für Proteste.

Nach diesem Statement verließen viele der Bürger den Saal.

Auch der Investor ging.
Er war kurz nach Sitzungsbeginn hereingehuscht
und hatte überlegen lächelnd auf der ersten Reihe Platz genommen.
Angesichts des verpufften Bürgerprotestes, zog er sichtlich zufrieden von dannen.

Eine wesentliche Hemmschwelle für die Genehmigung der umstrittenen industriellen Mastanlage
ist der Zufahrtsweg.

Dieser soll mitten durch Wohngebiete und über asphaltierte Landwege führen.
Ungeeignet - für den zu erwartenden Schwerlastverkehr.

Das finden die Anwohner und auch die Mehrheit der Gemeindevertreter.

Nicht aber die zuständigen Mitarbeiter in der Landkreisbehörde.
Diese wollen Geschwindigkeits- und Tonnagebegrenzungen aufheben
und so den Weg frei machen, für die Erteilung der Baugenehmigung.

Eine Möglichkeit hier entgegen zu wirken, hält der Bürgermeister in der Hand.
Er müsste ein Verfahren einleiten, dass sich Teileinziehung nennt.
Das kann nur er.

Seit Monaten zögert er jedoch
und es ist unklar, ob er vorhat diesen Schritt zu tun.

Wortreich erläuterte er auf Bürgeranfrage seine Gründe für das Zögern.
Es klang plausibel und vom Wunsch getragen, Argumente zu sammeln,
damit das Ansinnen von Erfolg gekrönt sei.

Bei der konkreten Nachfrage jedoch, verlor er sich in nebulöser Herumeierei.
Ob er so ein Verfahren einleite, wolle er vom Beschluss der Gemeindevertretung abhängig machen.
Es blieb offen, wie die Antwort zu werten sei:
demokratisch korrekte Message - oder - kalkulierte Hinhaltetaktik.

Im Kontext zu der Information,
dass der Landkreis für die fragliche Wegestrecke zur geplanten HMA
die Tonnagebegrenzung von 10 auf 20 Tonnen erhöhen werde,
kann man aber beruhigt davon ausgehen,
dass sich die Frage eines Teileinziehungsverfahrens erledigt hat.

Insofern ist es tatsächlich auch nicht mehr sinnvoll,
nach der Arbeitsgruppe zu fragen,
die der Bürgermeister zu diesem Thema im letzten Jahr selbst initiierte
und die seitdem noch nie tagte.

Wichtiger erscheint die, durch den Bürgermeister gegebenen Information,
dass die Gemeinde Kussewitz nichts am Status Quo
in Hinblick auf mögliche Alternativrouten
zum Standort der geplanten Anlage ändern werde.

Die Kussewitzer werden mögliche Alternativen über ihr Gebiet keinesfalls zulassen.

Von wegen, quer übers Feld zwischen den Windrädern hindurch
– das kann der Investor wohl vergessen.

Bleibt also nur – mitten durch die Wohngebiete Broderstorfs.

Soviel dazu.

Zur Sitzung.

Die Tagesordnung war kurz und unspektakulär.
Die eine oder andere Information dürfte von allgemeinem Interesse sein.

So wie diese beispielsweise,
dass der Landkreis in Pastow eine Art Werkstoffhof einrichten möchte,
wo u.a. die Bürger kostenfrei Abfälle und Grünschnitt entsorgen können.

Am 29.August plant der Bürgerverein ein Sommerfest im Gemeindezentrum.
Es werden Helfer und Sponsoren gesucht.

Auf Anfrage des Gemeinderats Noack, gab der Bürgermeister zur Auskunft,
dass er gemeinsam mit Frau Joost vom Amt Carbäk beim Anwalt der Gemeinde war.
Man habe dort über den Erschließungsvertrag gesprochen,
den man mit dem Betreiber der BIOGAS-Anlage schließen möchte,
damit dieser die Auflagen aus der Baugenehmigung erfüllen könne.

Der Landwirt war beauflagt worden,
die Kreuzung Öftenhäven auszubauen und zwei Ausweichtaschen zu errichten.
Seit Jahren drängen die Bürger der Gemeinde auf die Erfüllung dieser Auflagen.

Sobald das Feedback des Anwalts vorläge,
will man sich mit dem Landwirt treffen.

Den eingeweihten Leser wird es verwundern,
wieso nicht der Empfehlung der Gemeindevertretung aus der letzten Sitzung gefolgt wird.
Da war man sich einig,
dass die Anwälte beider Seiten
einen mehrheits- und beschlussfähigen Vertragsentwurf ausarbeiten sollen.

Jetzt sitzen die Gemeindevertreter hinter verschlossenen Türen,
mit einer Anwaltsempfehlung in der Tasche,
möglicherweise dem Investor und dessen Anwalt gegenüber.

Wie zielführend und ergebnisorientiert sich dies im Sinne der Gemeinschaft erweist
– dass wird man sehen.

Es ist immer wieder die gleiche Nummer.
Auf der einen Seite beklagt man öffentlich,
dass man als Gemeindevertreter nur als sachkundiger Laie handeln könne
und auf der anderen Seite organisiert man sich solche Konstellationen an den Hals.
Das kann einfach nicht wirklich funktionieren.

Zwei Tagesordnungspunkte waren in Folge noch von Interesse.

Der Ausbau des Haubenweges, der Straße von Pastow zur B110.
47.000 Euro soll dies kosten.
Nach einiger Diskussion folgte man dem Antrag von Landwirt und Gemeinderat Junge,
keine hohen Bordsteine einzubauen.
Diese waren vom Amt aus Sicherheitserwägungen zum Schutz der Fußgänger eingeplant worden.
Die Straße sei zu schmal für LKW und landwirtschaftliches Gerät argumentierte Junge dagegen.

Interessant war im nächsten Tagesordnungspunkt,
als es um die Entscheidung ging, die Brunnenanlage des SV Pastow
kurz vor Ablauf der Gewährleistung noch einmal zu testen,
wie sich Diskussion und Entscheidung wieder einmal widersprachen.

Die Gemeinderäte Jager, Jantzen und Junge argumentierten schlüssig,
dass man die vorgesehene Summe für den Test
mit 7.000 Euro als zu teuer empfand.
Eine Alternative dazu sei ein Pumpentest für 1.500 Euro.

So logisch wie sich die Argumente auf der Gästebühne anhörten,
so verwunderlicher war die Entscheidung, dann doch die höhere Summe auszugeben.

Gut das man drübber geredet hat.

Damit war die GVS vom Mai gegessen, zumindest der öffentliche Teil.

Udo Cimutta

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