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17. April 2013 |
Übersichtsseite Hähnchenmast |
Der Ministerpräsident kommt mit Bürgern ins Gespräch. Bemerkenswert - weil es trotz Wahljahr auf dieser Ebene keine Selbstverständlichkeit ist. Eine Gelegenheit, die sich die Aktiven der Bürgerinitiative "ProVita" (gegen Massentierhaltung) nicht entgehen lassen. Die Vorsitzende und zwei weitere Mitstreiter meldeten sich an. Als thematischen Gesprächsanlass wurde angegeben, dass man sich mit Herrn Sellering über die landwirtschaftliche Entwicklung im Land austauschen möchte. Nach ca. einer Stunde Verzug war es nach einem Fototermin soweit. (v.l.-Burkhard Grunow, Ministerpräsident Sellering, Eva Leonhardt, Udo Cimutta) Foto: Staastskanzlei M-V mit freundlicher Genehmigung Danach saß man sich im Doberaner Rathaus am Tisch gegenüber. Eva Leonhardt stellt das Anliegen vor und stellt die Frage, wie der Ministerpräsident zur Problematik Massentierhaltung stehe. In ihrer sehr emotionalen Art stellt sie den Sinn der Errichtung neuer Anlagen in Frage und verweist auf die Gefahren für Menschen, Tiere und Umwelt. Sie fragt auch, ob dem Ministerpräsidenten aktuelle Studien bekannt seien, die diese Gefahren wissenschaftlich belegen. Am Ende ihrer Ausführungen sprach sie Herrn Sellering auf eine Äußerung an, die er im Zusammenhang mit der Großdemo für ökologische Landwirtschaft in Berlin gemacht haben soll. Er habe von "romantischen Träumern" gesprochen. Träumer seien die Menschen, die sich aktiv für eine ökologische Landwirtschaft einsetzen aber keinesfalls, beschied ihm Eva Leonhardt. Der Ministerpräsident klärte die missverständliche Auslegung dieser Äußerung auf. Er meine nicht die Menschen, die sich engagierten. Er habe von einer romantischen Sichtweise auf die moderne Landwirtschaft abgeraten. Das Bild eines reetgedeckten Bauernhauses vor dem friedlich eine Kuh grase, sei realitätsfern. Burkhard Grunow ergänzte die Ausführung von Eva Leonhardt. Er verwies auf eine Debatte im Landtag im Oktober 2012. (Originalprotokoll - siehe hier) Minister Backhaus habe dort im Rahmen einer Aussprache zum Tierschutz seine Ablehnung gegenüber der Errichtung übergroßer gewerblicher Industrieanlagen zur Tierhalten bekräftigt. Er habe versichert, dass künftig im Außenbereich keine industriemäßigen Anlagen mehr errichtet werden dürften. Dies sei im Bundesrat durchgesetzt worden. Diese Aussage des Ministers stehe im krassen Widerspruch zum Handeln der Genehmigungsbehörde. Hier werde zugunsten der Interessen eines Investors, die Gesundheit und das Eigentum (Wert der Immobilien) der Menschen einer ganzen Region gefährdet. Er wolle vom Ministerpräsidenten und SPD Landesvorsitzenden wissen, wie sich dies mit den Grundaussagen des SPD-Wahlparteitages in Augsburg vereinbare. Dort habe die SPD Spitze ihre Partei auf einen Kurs eingeschworen, der sich am Gemeinwohl der Menschen orientiere. Herr Sellering machte darauf aufmerksam, dass er die Details zur geplanten Hähnchenmastanlage in Broderstorf nicht kenne. Die Definition, ab wann man von einer Großanlage spreche, sei schwammig und schwierig an Zahlen festzumachen. Er wolle sich aber über das Vorhaben und den Stand der Dinge informieren. Sichtlich erschrocken reagierte er, als Eva Leonhardt ihm mitteilte, dass dort 1,44 Mio Tiere im Jahr auf engstem Raum gemästet werden sollen. Immerhin handele es sich um die drittgrößte Anlage im Land. Er sei kein Landwirtschaftsfachmann, meinte daraufhin der Ministerpräsident, die Zahl der Tiere erscheine ihm aber zu hoch. Sich auf Minister Backhaus berufend, sei er der Ansicht, dass es im Vergleich mit anderen Bundesländern zu wenige Tiere im Agrarland Mecklenburg-Vorpommern gäbe. Aus diesem Grund sei die landwirtschaftliche Tierhaltung auszubauen. Dies müsse allerdings im Einklang mit den Menschen geschehen, die in der Region leben. Falls es hier Bedenken und Einwände gäbe, sei die Gründung einer Bürgerinitiative der richtige Weg. Herr Sellering machte deutlich, dass der politische Wille nur die eine Seite sei, die Gesetzeslage aber die andere. Wenn die Gesetze die Genehmigungsfähigkeit einer solchen Anlage hergäben, dann müsse man dem Rechnung tragen. Die Genehmigungsbehörde könne nur nach Recht und Gesetz handeln. Er warb für Vertrauen, in das unabhängige Verwaltungshandeln einer solchen Behörde. Eva Leonhardt wandte ein, dass es an der Zeit sei, die Gesetze und Bestimmungen zu ändern, die einem Investor derart günstige Rahmenbedingungen für die Errichtung einer solchen Anlage böten. Diese Praxis verstoße gegen das Grundgesetz und die Interessen einer großen Mehrheit der Menschen. Außerdem widersprechen die den Bauunterlagen für die Genehmigung zugrunde liegenden Untersuchungen, dem aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand. Sie verwies auf benachbarte Bundesländer, die ihren Standpunkt zur Massentierhaltung grundsätzlich geändert hätten. Sie bat den Ministerpräsidenten inständig darum, sich dafür stark zu machen, dass dieser Prozess auch in Mecklenburg-Vorpommern eingeleitet werde. Es ginge nicht um kurzfristige Entscheidungen, sondern um politisch verantwortungsvolles Handeln im Interesse der Kinder und Kindeskinder. Er, Herr Sellering, habe es als Steuermann des Landes in der Hand die Initiative zu ergreifen. Es war nicht zu übersehen, dass Herr Sellering vom Engagement und der Argumentation Eva Leonhardts beeindruckt war. Weiterhin sprachen die Aktiven an, dass es für sie unverständlich ist, dass die Sozialministerin Frau Schwesig, die auch das Gesundheitsressort leitet, auf die schriftliche Anfrage zur Gesundheitsgefährdung der Menschen durch solche Großmastanlagen nicht reagierte. (Originalschreiben - siehe hier) Gerade das Gesundheitsressort sollte und müsste doch bei solchen Entscheidungen einbezogen werden. Auch hier versprach Herr Sellering sich darum zu kümmern, dass eine Stellungnahme erarbeitet wird. Zum Abschluss des Gespräches, für das sich beide Seiten bedankten, versprach der Ministerpräsident einen Gesprächstermin mit dem Landwirtschaftsminister Backhaus zu vermitteln. Quasi als Schlusswort bekräftigte er noch einmal sein Werben für Vertrauen in das Rechtssystem und das unabhängige Handeln der Genehmigungsbehörde. Für die Red. Udo Cimutta Bericht in der NNN zum Treffen: (hier klicken) |
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